Die wunderbare Welt des politischen Mittels: her mit dem Geld!

Einkommen kann, abgesehen von den Fällen in denen jemand von freiwillig gewährten, gegenleistungsfreien Zuwendungen lebt, grundsätzlich auf nur zwei verschiedene Arten generiert werden: mit wirtschaftlichen Mitteln (durch Produktion und Handel) oder mit politischen Mitteln (durch Einsatz von Zwang und Gewalt). Der deutsche Soziologe und Ökonom Franz Oppenheimer hat diesen Sachverhalt in seinem Buch „Der Staat“ schon vor mehr als 100 Jahren eindrucksvoll dargelegt.

Einkommen, die durch wirtschaftliche Mittel generiert werden, kommen deshalb rechtmäßig zustande, da ihnen eine freiwillige Übereinkunft der Akteure vorangeht. Wer einem Schuster für die Anfertigung eines Paars Maßschuhe 1.000,- Euro bezahlt (woraus sich ein entsprechender Stundenlohn ergibt), wird von niemandem dazu gezwungen. Der Kunde kann es schließlich auch lassen und stattdessen für 50 Euro Treter aus Massenfertigung beim billigen Jakob kaufen. Auch wer einen Architekten, einen Tischler oder einen Schönheitschirurgen engagiert, bezahlt dessen Leistungen nach vorheriger Vereinbarung – ohne dass jemand auf ihn Druck oder Zwang ausübt. Der Preis der jeweiligen Arbeitsstunde ergibt sich in jedem dieser Fälle auf marktkonforme Weise, wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt, und ist daher über jede moralisierende Kritik erhaben.

Auch wenn zehntausende Fans ein kleines Vermögen dafür bezahlen, um einen Schlageraffen (© Udo Lindenberg) beim Musizieren oder 22 Proleten beim Balltreten zu bewundern – und die solcherart Beglückten damit in unerhörter Weise bereichern -, ist das solange völlig in Ordnung, solange nicht zusätzlich unbeteiligte Dritte für die Chose aufzukommen haben, um das Vergnügen der anderen zu subventionieren.

Womit wir auch schon in der Welt des politischen Mittels angekommen sind: Menschen, die ihr Einkommen dem Einsatz von Zwang und Gewalt verdanken (das sind alle direkt oder indirekt im Dunstkreis des Staates werkenden Individuen wie Politiker, Beamte, Kammerfunktionäre, im Dienste öffentlicher Unternehmen stehende Personen, usw.) lassen ihren unfreiwilligen Kunden – anders als der oben genannte Schuster – keine Wahl. Die müssen ihre Gehälter in jedem Fall bezahlen, ob sie die jeweiligen Dienstleistungen der privilegierten Diener des Leviathans in Anspruch nehmen oder nicht.

Damit ist nicht gesagt, dass sämtliche von öffentlich Bediensteten erbrachten Leistungen obsolet sind. Schließlich besteht beispielsweise nach Lehrern, Ärzten und Sicherheitsfachkräften auch unter Marktbedingungen eine Nachfrage. Doch, wie für Finanzbeamte, Eisenbahner oder Staatsfunker gilt auch für sie, dass sie eben nicht mit Wettbewerbern um Kundschaft zu rittern brauchen, denn die ist garantiert. Demgemäß sind Staatsdiener – in scharfem Kontrast zu Marktakteuren – nicht genötigt, hochwertige Leistungen zu erbringen oder auf deren Preis zu achten. Letzterer ist, als unausweichlich logische Folge – in 100/100 Fällen überhöht. Nirgendwo wird mehr Geld sinnlos verbrannt als im Staatswesen (schlag nach bei Ludwig von Mises). Es fehlt schlicht und ergreifend am gnadenlosen Korrektiv des Marktes: kein Konkursrichter weit und breit, der fortwährende Minderleistung oder schwerwiegendes Versagen ahndet. Wer als Marktakteur Mist baut, tut das auf eigene Kosten. Politiker und Beamte dagegen tun es auf fremder Leute Kosten. Sie tragen nicht ihre eigene, sondern die Haut fremder Menschen zu Markte (© Nassim Taleb).

Der Wiener Sozialwissenschaftler Bernd Marin hat errechnet, dass sich österreichische Beamte – und zwar auf allen Verwendungsebenen – höherer Lebensverdienstsummen erfreuen dürfen als unter Marktbedingungen arbeitende, formal gleich gut qualifizierte Personen. In Deutschland wird es sich nicht anders verhalten.

Was Art und Qualität des Angebots in der Welt des Zwanges angeht, so herrschen auf der Anbieterseite geradezu märchenhafte Bedingungen. Sie bestimmt einseitig, was es gibt und was es kostet. Da der zwangsweise zahlenden Kundschaft keinerlei Mitspracherecht zukommt, kann ohne jede Rücksicht auf deren Interessen nach Gutdünken gefuhrwerkt werden. Das Staatstheaterensemble spielt ohne weiteres auch vor leeren Rängen – hat es doch auf das Einkommen der Beschäftigten nicht den geringsten Einfluss. Publikumszufriedenheit ist in der Welt des politischen Mittels keine relevante Kategorie. Wäre es anders, gäbe es keine Lehrstühle für Genderwissenschaften und keine Fahrradbeauftragten (um nur zwei kleine Spitzen gewaltiger Eisberge zu benennen).

Wir lernen: Wer die Macht hat (und die kommt bekanntlich aus jenen Gewehrläufen, über die Marktakteure in Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit gewöhnlich nicht verfügen), kann sein Einkommen nach Belieben – zulasten seiner unfreiwilligen Kundschaft – festsetzen. Es erübrigt es sich an dieser Stelle, weiter in die Tiefe zu gehen, weil darüber bereits unzählige elaborierte Abhandlungen geschrieben wurden.

Die Einkommensverzerrung zugunsten der Welt des Zwanges hat aber, neben der Geldverschwendung, auch den fatalen Effekt, falsche Anreize zu setzen. Nicht umsonst drängen die formal am besten Ausgebildeten mit größter Begeisterung in den Staatsdienst. Hohes Einkommen, stressfreie Tätigkeit, kaum Verantwortung, keinerlei persönliche Haftung nach Fehlleistungen: ein Paradies. Nur Hasardeure, Glücksritter und hoffnungslose Narren drängt es heutzutage noch dazu, Unternehmer zu werden. Der Autor dieser Zeilen hat für sein nächstes Leben schon entsprechend disponiert: Anstatt unternehmerisch tätig zu sein und als wohlfeiles Feindbild für Minderleister und Versager aller Kaliber herzuhalten, wird er eine Karriere als Eisenbahngewerkschafter starten.

Der Wiener Historiker Lothar Höbelt bringt das Phänomen treffsicher auf den Punkt: „Wer in Österreich studiert hat, will Beamter werden.“ Weil das so ist, gehen der Welt des wirtschaftlichen Mittels viele der besten Köpfe verloren. Niemals entfalten sie ihr Potential auf eine für das Gemeinwesen gedeihliche Weise, sondern liegen den Produktiven lebenslang als mehr oder minder nutzlose Ballastexistenzen auf der Tasche.

Geradezu irrsinnig muten die in regelmäßigen Abständen aufkommenden Debatten um angeblich zu niedrige Politikergehälter an. Deren Tenor lautet: „If you pay peanuts you get monkeys.“ Das trifft indes nicht zu. Denn abgesehen davon, dass Parlamentsabgeordnete sowohl in Deutschland als auch in Österreich ohnehin bereits das etwa Dreifache des Mediankommens beziehen, würde durch zusätzliche finanzielle Anreize das Problem der Negativauslese politischen Personals solange nicht gelöst, solange es keine zivil- und strafrechtliche Verantwortung für politische Mandatsträger gibt. Außerdem macht es grundsätzlich einen wesentlichen Unterschied, ob jemand auf eigene oder auf fremde Rechnung tätig ist. Entscheidend ist: Wer die Kosten seiner eigenen Fehlleistungen anderen aufbürden kann, wird – soweit es nicht ihn selbst betrifft – tendenziell schlechtere Entscheidungen treffen als ein mit voller Haftung lebender Zeitgenosse. Hier – und nicht bei der Höhe der Bezüge – liegt der Hund begraben.

Hinzu kommt, dass ein erfolgreich in der Privatwirtschaft Tätiger – insbesondere ein Unternehmer – es sich gewöhnlich gar nicht leisten kann, seinen bürgerlichen Beruf zugunsten eines befristeten Politmandats aufzugeben. Er stünde danach möglicherweise vor dem Nichts und müßte völlig neu beginnen. Angehörige der Wirtschaftselite finden sich entsprechend selten in Parlamenten. Ausnahmen bilden selbstverliebte Gecken, die kurz vor ihrem Ruhestand stehen und das politische Amt als eine Art Abschiedsbonus betrachten.

In den Parlamenten wimmelt es von karenzierten Beamten und Berufspolitkern. Sollen die tatsächlich den gesellschaftlichen Querschnitt repräsentieren? Lächerlich! Nur am Rande sei vermerkt, dass zwar jeder Flickschuster oder Änderungsschneider seine Berufsbefähigung nachweisen muss, ehe er loslegen darf, während aber für Abgeordnete, Gesundheitsminister und Bundespräsidenten schon ein messbarer Puls als Qualifikationsnachweis ausreicht.

Man kann die Sache drehen und wenden wie man will: Eine weitgehende Entmachtung des Staates und seiner Büttel ist unumgänglich, wenn der produktiv arbeitende Teil der Gesellschaft wieder mehr als 50 Prozent der Früchte seiner Arbeit für sich behalten können soll. Denn wer – außer Politikern, Beamten und anderen Transferleistungsbeziehern – will schon den totalen Staat?


Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher

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