Offener Brief eines Jungunternehmers an die Bundesregierung

Sehr geehrter Herr Kurz,
Sehr geehrter Herr Kogler,
Sehr geehrter Herr Anschober,

mein Name ist Marco Ebner, ich bin ein 23 Jahre alter Unternehmer und heute möchte ich Ihnen erläutern, warum ich den Glauben an die Republik Österreich während der letzten 3 Monate, genauer gesagt während der Corona Krise, völlig verloren habe.
Ich bin Inhaber und Geschäftsführer von Chargers Racing, Österreichs größter Indoor-Kartbahn. Angrenzend betreiben wir ein Restaurant. Wir sind eine der modernsten Rennstrecken Europas, bieten den Leuten ein tolles Erlebnis, tolle Stunden mit ihren Freunden, halten zusammenschweißende Firmenfeiern und Teambuilding Ausflüge in unserem Betrieb ab. Man könnte schon meinen, dass wir unseren Beitrag, Österreich zu einem schönen Land mit tollen Freizeitangeboten zu machen, leisten.
Unseren Standort in Leonding betreiben wir nun seit August 2019, man kann sich anhand der Größe und Ausstattung vorstellen, dass wir dafür viel Geld in die Hand genommen haben.
Leider wurde mir in den letzten Wochen klar, dass trotz der fünfstelligen Beträge an Steuern – die ich jeden Monat privat, sowie auch durch meine Firma an den Staat zahle – in Zeiten wie diesen völlig auf mich bzw. uns vergessen wird.

Wie ich zu der Erkenntnis komme? Ich erzähle Ihnen meine Sichtweise der Dinge über die Maßnahmen der Krisenbewältigung, die „Unterstützungen“ für uns Unternehmer, die Performance der Bundesregierung, Behördenwillkür, einen Polizeieinsatz in meinem Betrieb und warum ich mich schlussendlich wie ein Verbrecher fühlen muss.

Am Freitag 13.03.2020 habe ich beschlossen, meinen Betrieb nicht mehr zu öffnen, obwohl wir noch bis einschließlich Sonntag 15.03.2020 öffnen hätten dürfen. Der Grund dafür war der zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Woche andauernde Umsatzeinbruch von 70%. Es hätte sich schlichtweg nicht mehr ausgezahlt, den Betrieb zu öffnen, ein großes Minus wäre das Resultat daraus gewesen.
Wir warteten gespannt auf die Unterstützungen, die es nun für uns geben wird, welche uns hoffentlich über die Krise schupfen werden.
Was ist gekommen? Ein Milliardenschweres Wirtschaftshilfspaket, welches zum Großteil aus Haftungsübernahmen besteht.
Doch was bringt mir eine Haftungsübernahme für einen Kredit bei meiner Bank, den ich dann jahrelang zurückzahlen muss? Das ist keine Hilfe, das ist ein Schlag ins Gesicht.
Ein zweiter Bestandteil des Pakets ist der Härtefallfonds. Dieser wird von mir jetzt einfach außenvorgelassen, denn er ist mir nicht einmal ein Kommentar wert. Genug Beispiele kursieren bereits, die belegen wie „hilfreich“ dieser Fonds ist.
Der dritte Bestandteil des Rettungspakets ist die Corona-Kurzarbeit. Schnell, unbürokratisch und entlastend soll sie sein. Ich habe meine Mitarbeiter, die mir allesamt am Herzen liegen, somit in die Kurzarbeit geschickt. Unwissend, ob sie genehmigt wird und wann ich die Löhne zurückbekomme. Es hat vom Tag der Einreichung, bis zur Zusage mehr als 3 Wochen gedauert. In diesen 3 Wochen habe ich meinen Mitarbeitern bereits den Lohn Ende März vorgestreckt, sie können schließlich auch nichts dafür. Der Monat verstrich, aber auch Ende April brauchten die Mitarbeiter verständlicherweise wieder einen Lohn. Das Problem war nur, dass es noch immer keine Abrechnungsunterlagen für das Lohnbüro gab, weshalb wir den Mitarbeitern einfach einen „Daumen mal Pi“ Betrag ausgezahlt haben, mit der Notiz, dass im nächsten Monat der Auszahlungsbetrag aufgrund von Korrekturen schwanken kann.
Bis wir Mitte Mai die Löhne von den letzten 2 März Wochen vom AMS zurücküberwiesen bekamen, tappten wir in Dunkelheit und streckten unseren Mitarbeitern schlussendlich 2 Monatslöhne vor.
Ein Traum für die Liquidität eines jungen Unternehmens.
Eins muss gesagt werden, das ist so weit weg von unbürokratisch und schnell, wie wir vom Corona Hotspot Wuhan weg sind.
Rückblickend betrachtet, würde ich die Entscheidung anders fällen. Die Corona Kurzarbeit würde ich nicht mehr in Anspruch nehmen, denn es ist ein einziges Chaos. Bis heute gibt es keine Einigung über die Abrechnung. Ich würde wohl meine Mitarbeiter sofort entlassen und ihnen eine Wiedereinstellungszusage mit nach Hause geben.

Nun durften ja die Gaststätten mit 15.05.2020 wieder in Betrieb gehen, Gott sei Dank. Der Bundeskanzler ruft auf: “Kaufen Sie, konsumieren Sie!“ nachdem er vorher 2 Monate lang eine Panik unter der Bevölkerung auslöste, die wohl dem ein oder anderen Konsumenten noch zu tief im Gewissen sitzt, denn der Ansturm auf die Gastronomie war nicht wie erwartet. Die Löhne sind wieder zu bezahlen, die Miete und alle anderen Kosten sind wieder zu begleichen, aber Gott sei Dank entfällt im Zuge des Gastro-Hilfspakets die Schaumweinsteuer! Das rettet uns natürlich alle. Das ist so ein kleiner Betrag, ich wusste gar nicht, dass ich den bezahle! Flüssige Mittel die ich zugesprochen bekomme, damit die Liquidität hier und jetzt wirklich gesichert wird, gibt’s nicht! Seien Sie sich sicher liebe Bundesregierung, die richtig schwierige Zeit steht den meisten erst jetzt nach der Wiedereröffnung bevor.

Auch ich durfte meinen gesamten Betrieb – meiner Meinung nach – am 15.05.2020 wieder öffnen.
Chargers Racing hat eine Gastrogenehmigung für das Restaurant und eine Veranstaltungsstättengenehmigung für die Rennstrecke. Somit findet §6, sowie §10 der COVID-19 Lockerungsverordnung Anwendung. Veranstaltungen bis 10 Personen dürfen bei mindestens 10m2 pro Person abgehalten werden. Bei Chargers Racing dürfen nie mehr, als 10 Personen gleichzeitig auf der Rennstrecke sein, bei einer Gesamtfläche von 3600m2, die die Strecke hat. Somit sind alle Vorgaben erfüllt und unserem langersehnten Re-Opening am Freitag 15.05.2020 ist nichts mehr im Wege gestanden.
Freitag ca. 18:00 fahren drei Polizeiautos bei uns vor. Sie nutzen zwei verschiedene Zufahrten und rasen in „FBI Manier“ auf unseren Parkplatz. Insgesamt 5 bewaffnete und mit Schutzwesten ausgerüstete Beamte marschieren, angeführt von einer Dame der Gesundheitsbehörde, schnurstracks in unseren Betrieb. Breitbeinig stellen sich die Beamten mitten in unserem Eingangsbereich auf. Ein filmreifer Auftritt, man könnte meinen, der Einsatz dient der Aushebelung des Drogenzentrallagers von Pablo Escobar persönlich. Die Dame der Gesundheitsbehörde zeigt mir ein Schreiben des Ministeriums, von denen wir als Sportstätte eingestuft werden und somit keine Berechtigung haben, die Kartbahn zu betreiben. Ich erwidere ihre Behauptung und zeige ihr unsere Veranstaltungsstättengenehmigung in ausgedruckter Form. Doch das war ihr alles egal, denn laut dem S7 Krisenstab des Gesundheitsministeriums sind wir eine Sportstätte und unsere von der BH festgelegte Einstufung als Veranstaltungsstätte ist vergessen und nichtig. Nach einigen Minuten der Diskussion endete der Besuch mit einer Anzeige für mich.
Jetzt frage ich Sie, Herrn Kurz, Herrn Kogler und Herrn Anschober. Was ist das für ein Auftritt? 6 Personen dringen in unseren Betrieb ein, verängstigen die Gäste, patzen mich von der ersten Minute an. Und das alles komplett ohne rechtliche Grundlage. Ich denke, jeder sollte sich in Österreich an die Gesetze halten, warum macht es das Ministerium und die Behörden dann nicht auch? Ich kann doch nicht heute eine Veranstaltungsstätte sein und morgen werde ich angezeigt und von einem Polizeitrupp überrascht, weil ich mich an die Gesetzeslage für eine Veranstaltungsstätte halte? Muss das sein? Ohne vorherige Ankündigung oder irgendeine Kontaktaufnahme in denen man hätte versuchen können, das Ganze zu klären? Da fühlt man sich wirklich wie ein Verbrecher.
Ich habe die Situation dann Samstag Vormittag mit meinem Anwalt besprochen und beschlossen, dass wir Samstag und Sonntag nicht mehr öffnen werden, bis wir am Montag die Gelegenheit hatten, die Angelegenheit mit dem Ministerium zu klären. Andernfalls, würden ich und mein Geschäftspartner bei jeder weiteren „Razzia“ von der Gesundheitsbehörde und ihren Gorillas eine Anzeige riskieren.
Montag früh hat mein Anwalt dann gleich all seine Ressourcen in die Hand genommen und wurde beim S7 Krisenstab des Gesundheitsministeriums mit folgenden Worten abgespeist: „Wir bedanken uns für Ihre Anfrage, müssen diesbezüglich aber festhalten, dass es in Auslegung der COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020 idgF, nicht auf dahinterstehende Bewilligungen ankommt, zumal es sich um andere Schutzzwecke bzw. -normen handelt.“
Das heißt, der S7 Krisenstab kann willkürlich über die aktuelle Rechtslage hinweg entscheiden, dass mein Betrieb durch die aktuellen Interessen der Bundesregierung plötzlich keine Veranstaltungsstätte mehr ist, sondern eine Sportstätte. Ich habe mich in dem Moment obendrein noch strafbar gemacht und bekomme eine Anzeige wegen Verstoß gegen die COVID-19 Lockerungsverordnung und eine Strafe von bis zu € 30.000,00.
Danke. Für NICHTS. Nochmals festhalten möchte ich das komplett sinnlose Vorgehen beim „hochfahren“ Österreichs. Ich beziehe mich gar nicht auf die anderen Branchen oder Betriebe, sondern nur auf den Meinen. In dem gilt: Die Gastronomie, in der sich 80 genehmigte Personen auf 600m2 tummeln, ist erlaubt. Nicht jedoch die Rennstrecke, auf der für jeden der 10 Teilnehmer ca 360m2 zur Verfügung stehen und jeder einen Helm + Sturmhaube trägt! Das macht natürlich Sinn!

Liebe Bundesregierung, meiner Meinung nach, war Ihre Performance in dieser Krise, nicht besonnen, ruhig und clever. Sie war genau das Gegenteil. Sie haben eine unnötige Panik in der Bevölkerung verbreitet, Sie haben Ihre Unternehmer mit Ihren „Hilfspaketen“ verhöhnt, Sie haben unsere Wirtschaft komplett an die Wand gefahren. Für mich persönlich gekrönt von der Missachtung der Gesetzeslage und übertriebenen Polizeieinsätzen.

Wenn man vor einer 1 Meter breiten Schlucht steht, kann man bis zum Rand herantreten und dann einen kleinen Sprung darüber hüpfen, damit man wohl auf am anderen Ende der Schlucht ankommt. Das Hindernis ist überwunden.
Oder man nimmt 10 Meter weit Anlauf, hüpft 5 Meter vor der Schlucht weg, kommt auf der anderen Seite mit einer Bruchlandung auf und bricht sich beide Beine. Genau das hat Österreich in der Krise getan.

Deshalb ist mein Glaube an die Republik Österreich, spätestens am 15.05.2020 um 18:00, gestorben.

Ich warte gespannt auf eure Kontaktaufnahme, ich habe immer ein offenes Ohr.

Trotzdem hochachtungsvoll,

Marco Ebner

gefunden auf Facebook: https://www.facebook.com/marco.ebner.1/posts/3373665355996753

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