Wahlkampfthema Wirtschaft

Ein Trauerspiel

The economy, stupid! Mit diesem Schlachtruf errang Bill Clinton anno 1992 bei den US-Präsidentschaftswahlen den Sieg über George Bush. Nun ist Wirtschaft zwar sicher nicht alles. Aber ohne Wirtschaft ist eben alles nichts. Denn das Geld für Bildung, Straßenbau und Pensionen kommt nicht von unproduktiven Politikern und Bürokraten, sondern von den in der Wirtschaft tätigen Menschen, die Werte schaffen. Vornehmstes Ziel der politischen Verantwortungsträger sollte es daher sein, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die es Unternehmern und deren Beschäftigten erlauben, bestmöglich zu arbeiten.

Wahlkampfzeiten sind gut geeignet, um sich ein Bild darüber zu verschaffen, was in wirtschaftlicher Hinsicht zu erwarten ist. Zumindest kann man solche Parteien, die jeden einschlägigen Sachverstand vermissen lassen, guten Gewissens von Vornherein ausschließen. Jene davon, die unentwegt von der Erhöhung der Staatseinnahmen schwärmen, während sie keinen Gedanken daran verschwenden, von wem und wie dieses Geld verdient werden muss, sollten – siehe oben – gar nicht erst nicht in Betracht gezogen werden. Die Protagonisten dieser Parteien leben nämlich in einem Paralleluniversum, in dem weder permanenter Mangel, noch das Gesetz von Angebot und Nachfrage existieren, von der unser irdisches Jammertal nun einmal gekennzeichnet ist.

In Österreich, einem Land mit einer der höchsten Steuerbelastungen in der OECD, nach der Einführung neuer Steuern und der Erhöhung bestehender Steuern zu rufen, ist geradezu grob fahrlässig. Die Pleitenstatistik strebt heuer einem neuen Rekord entgegen – ebenso wie die Arbeitslosenstatistik. Weniger, nicht mehr Staat sind in einer solch prekären Lage gefragt. Jeder dem Privatsektor entzogene Euro verschlechtert die Wirtschaftslage weiter. Sozialisten und Grüne zu wählen, kommt daher nur für praktizierende Masochisten und/oder jene Systemprofiteure in Frage, die ihr Geld nicht mit ehrlicher Arbeit unter Wettbewerbsbedingungen, sondern in geschützten Werkstätten „verdienen“. Seit Monaten vergeht kaum ein Tag, an dem aus der rotgrünen Ecke nicht Forderungen nach neu einzuführenden oder zu erhöhenden Steuern und Abgaben ertönen. Doch die erträgliche Steuerlast ist nun einmal endlich. Die links außen stehend Parteien des Landes sägen mit ihrer Politik daher beharrlich an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.

Bemerkenswerten Humor in diesem Wahlkampf beweist indes die einstige „Wirtschaftspartei“, ÖVP, die bedauerlicherweise immer mehr zum Privilegien- und Subventionskonservator für Beamte und Bauern degeneriert. Die „Wirtschaft entfesseln“ möchte deren Boss, Vizekanzler Spindelegger, der neuerdings den Eindruck vermittelt, als würde er unter Drogeneinfluss stehen. Beinahe überflüssig zu erwähnen, daß der Mann nie in seinem Leben je ein Unternehmen von innen gesehen hat. Profipolitiker. Ebenso wenig übrigens, wie seine ebenfalls aus den Reihen des ÖAAB stammende Parteigenossin „Her-mit-der Marie!“ – Mikl-Leitner. Der emeritierte VWL – Universitätsprofessor Erich Streissler stellte einst – sicher nicht grundlos – launig fest, daß er ÖAAB und Kommunisten mit freiem Auge kaum voneinander unterscheiden könne. Der ebenfalls der ÖVP zugehörige Wirtschaftkammerchef Christoph Leitl assistiert Spindelegger, wenn er beklagt, Österreich sei wirtschaftlich „abgesandelt“. Nicht, daß er damit nicht absolut recht hätte: In mehreren internationalen Rankings hat das Land gegenüber seinen Wettbewerbern bei einer ganzen Reihe von Parametern zuletzt kräftig an Boden verloren. Eine nicht ganz unbedeutende Kleinigkeit allerdings scheinen die schwarzen Damen und Herren übersehen zu haben: Sie sitzen seit 27 Jahren ununterbrochen in der Regierung – und zwar an maßgeblichen Positionen. Jetzt plötzlich oppositionelle Töne anzuschlagen und so zu tun, als ob sie die Gängelung der Wirtschaft und deren zu Recht beklagten Niedergang nicht selbst mitverschuldet hätten, ist ein übler Witz.

An das BZÖ sind kaum noch Gedanken zu verschwenden, was insofern schade ist, als aus seinen Reihen zuletzt, etwa im Hinblick auf das Steuersystem, durchaus vernünftige Vorschläge kamen. Indes ist davon auszugehen, dass gerade diese Gruppierung stark unter der Konkurrenz neuer Mitbewerber leiden wird. Weder das Erreichen eines Grundmandats in einem der Bundesländer, noch das Überspringen der bundesweit geltenden Vier-Prozent-Hürde erscheint daher wahrscheinlich. Diese Partei hat ihre Zukunft hinter sich und wird wohl aus dem Parlament verschwinden.

Das Team Stronach, anfangs der Hoffnungsträger für von den Schwarzen frustrierte Bürgerliche und in der Alpenrepublik traditionell heimatlose Liberale, lässt bis heute keine klaren Konturen erkennen. Zwar kann man deren Chef, einem Selfmademilliardär, betriebswirtschaftlichen Sachverstand natürlich nicht absprechen. Eine Regierung ist allerdings keine Konzernzentrale. Auf konkrete Ansagen, was und wie an öffentlichen Mitteln gespart, wie viele Beamte welcher Ministerien abgebaut, welche Steuern reformiert und welche wirtschaftspolitischen Impulse gesetzt werden sollen, wartet man bis heute vergebens. Die zum Teil geradezu skurrilen Aussagen Stronachs, der sein Team mit eiserner Hand führt („Wer das Gold hat, der macht die Regeln!“), zu Fragen der Währungspolitik, sind auch nicht eben geeignet, großes Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz dieser Neugründung zu setzen.

Die um den erstmaligen Einzug in den Nationalrat kämpfenden Neos hätten, trotz vieler Vorbehalte, für manchen Wirtschaftsliberalen eine Alternative darstellen können – wenn sie sich nicht in letzter Sekunde dazu entschlossen hätten, mit Hans Peter Haselsteiner ein altes Schlachtross des selig entschlafenen, ultralinken LIF auf den Schild zu heben. Sein Ruf nach einem 95%-igen Spitzensteuersatz und die Befürwortung einer Inflation von 10 bis 12 Prozent (zwecks Staatsentschuldung auf Kosten der Sparer!) dröhnen denn doch allzu laut in den Ohren. Ein Mann fortgeschrittenen Alters, der mit Staatsaufträgen (im Straßenbau) reich geworden ist, möchte also, nachdem er seine eigenen Schäfchen ins Trockene gebracht hat, alle anderen am Vermögensaufbau hindern. Verheerend! Was soll ein Liberaler davon halten? Seine Kandidatur jedenfalls ist eine Hypothek für die Neos und wird es diesen schwer machen, die Vier-Prozent-Hürde zu schaffen.

Bleiben die Freiheitlichen. Eine Partei, die sich seit den Tagen Jörg Haiders als die bessere, „nationale“, Sozialdemokratie versteht. Umverteilung ja, ab er nicht an Ausländer – so könnte man deren Sozialprogrammatik zusammenfassen. Leider ist die von Parteichef Heinz-Christian Strache zuletzt im lockeren Plauderton beiläufig hingeworfene Kritik am „Zinseszinssystem“ (das er gerne abschaffen würde) auch kein überzeugender Beleg für überragende Wirtschaftkompetenz. Denn dass derjenige, der sich verschuldet, dafür einen Preis – nämlich Zinsen – zu zahlen hat, steht weithin außer Streit. Und jemand, der nicht einmal die Zinsen entrichtet, hat demnach auch einen Zins auf den Zins zu tragen. Was wäre daran verkehrt? Wer heute noch (oder schon wieder?) von einer „Brechung der Zinsknechtschaft“ bramarbasiert, hat einige Grundregeln des Wirtschaftens offensichtlich nicht intus. Auch ansonsten vermisst man bei den Freiheitlichen engagierte Initiativen, Unternehmen zu entlasten und den Standort Österreich attraktiver zu gestalten.

Fazit: Wer sein Stimmverhalten davon abhängig macht, eine wirtschaftsfreundliche Politik unterstützen zu wollen, dem bleibt nur, sich für 29. September schönes Wetter zu wünschen und, anstatt zur (Wahl-)Urne zu schreiten, besser an die frische Luft gehen. Welche Koalition nach der Wahl am Ende auch immer herausschauen wird: Es wird auf jeden Fall eine sozialistische sein…


Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher