Auf die Größe kommt es an!

An dieser Stelle geht es nicht um männliche Genitalien, sondern um Kaliber von Waffen, die sich für die Selbstverteidigung eignen. Diskussionen über dies Thema werden nicht erst seit gestern geführt. Da es das angestrebte Ziel eines Waffeneinsatzes im Notwehrfall ist, einen Angreifer schnell und zuverlässig zu stoppen, gilt bei der Kaliberauswahl grundsätzlich: Je größer desto besser. In einem vorangegangenen Beitrag wurde bereits angemerkt, dass leistungsstarke Büchsen aufgrund ihres hohen Gefährdungspotentials für Unbeteiligte, kein gutes Notwehrmittel sind. Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit Faustfeuerwaffen.

Ein Blick auf die Ausrüstung der Polizei ist deshalb hilfreich, weil deren Anforderungen an wirksame Handfeuerwaffen dieselben sind, die auch für die Selbstverteidigung gelten.

Die meiste Expertise dazu findet sich in den USA. Denn während sich die meisten europäischen Polizeien organisatorisch und ausrüstungstechnisch am Militär orientieren, folgt die Bewaffnung der US-Polizei ihren spezifischen Anforderungen. Im Polizeialltag und bei der Notwehr kommt es nicht darauf an, einen Gegner auf große Entfernungen zu töten, sondern darauf, ihn bei meist geringer Entfernung, möglichst prompt an der Fortsetzung einer Gewalttat zu hindern. In großer Zahl vorhandene Einsatzberichte und Analysen führen zum Schluss, dass es eines gewissen Minimums an Geschossenergie bedarf, um – entsprechende Körpertreffer vorausgesetzt – einen Angriff einigermaßen sicher zu beenden.

Nicht nur legendäre US-Waffenexperten wie Jeff Cooper, der maßgeblich an der Entwicklung der leistungsstarken Pistolenpatrone 10mm Auto beteiligt war, sondern auch deutsche Autoren, wie H. J. Stammel, sprechen sich seit langem für den Einsatz wirkungsvoller Kaliber aus. Das von der deutschen und österreichischen Polizei bis in die 1970er-Jahre verwendete Kaliber 7,65mm Browning, eignet sich demnach in der Praxis bestenfalls als Krötentöter, ganz sicher aber nicht, um einen mit Adrenalin vollgepumpten kriminellen Gewalttäter schnellstmöglich zu kalmieren. Dass Superagent James Bond aus unerfindlichen Gründen immer noch mit einer Walther PPK in diesem schwachen Kaliber das Böse unter der Sonne bekämpft, ändert nichts daran.

Der Versuch, das Kaliber 10mm Auto bei der US-Polizei einzuführen, ist letztlich am Widerstand der (weiblichen) Personalvertretung gescheitert, von der es als „zu stark“ qualifiziert wurde. In der Folge wurde diese Patrone „kastriert“ und 1990 als Kaliber .40 S&W vorgestellt. Die bringt allerdings nur unwesentlich bessere ballistische Leistungen, als die weltweit verbreitete und bei den meisten westlichen Polizeien gebräuchliche Patrone 9mm Parabellum (9 x 19).

Auf Erfahrungen zurückzugreifen, die schon von anderen gemacht wurden, ist keine schlechte Idee: Dass im Zweiten Weltkrieg an der Westfront eingesetzte deutsche Truppen, ihre 9mm-Pistolen gerne durch von den Amerikanern erbeutete .45er ersetzten, spricht Bände. Die Patrone .45ACP liefert eine größere Geschossenergie als die 9mm Para und, bedingt durch den deutlich größeren Geschossquerschnitt, auch eine wesentlich bessere „Mannstoppwirkung“.

Wer sich für einen Revolver entscheidet, sollte zum Kaliber .357 Magnum, oder zu einem .45er (.45 ACP oder .45 Long Colt) greifen. Wer eine Pistole vorzieht, sollte, trotz der weiten Verbreitung des Kalibers 9mm Para, etwas Stärkeres wählen. Da die 10mm Auto recht exotisch ist, was auch für die 40 S&W gilt, die kaum Vorteile gegenüber der 9mm Para bietet, drängt sich das Kaliber .45ACP auf. Für diese Patrone sind viele Waffentypen verfügbar: Vom Single-Action-Klassiker Colt M1911, bis zu modernen Typen mit doppelreihigem Magazin, wie die Glock 21.

Die Magazinkapazität hat im Fall einer Notwehr, die dank der in Deutschland und Österreich geltenden Waffengesetze, nur in den eigenen vier Wänden mit Waffengewalt geübt werden darf, keine Bedeutung. Spätestens nach zwei oder drei Schuss sollte die Ordnung wiederhergestellt sein.

 

Dieser Text erschien zuerst in der März-Ausgabe des Magazins „eigentümlich frei“

 

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Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher