Buchrezension: Der Todestrieb in der Geschichte / Erscheinungsformen des Sozialismus

Der russische Mathematiker und Dissident Igor Schafarewitsch liefert mit diesem 1975 erstmals in russischer Sprache veröffentlichten Klassiker, eine profunde Analyse von Entwicklung und Gegenwart, sowie eine Prognose der Zukunft des Sozialismus. Seine Generalthese lautet, dass es sich beim Sozialismus um eine „anthropologische Konstante“ handelt, der eine Art Freud’scher Todestrieb zugrunde liegt.

Wer meint, der Sozialismus habe als philosophisch-politisch-wirtschaftliche Ideologie erst mit Leuten wie Saint-Simon oder Marx die Weltbühne betreten, wird vom Autor eines Besseren belehrt.

Schafarewitsch schlägt in seinem in drei Teile gegliederten Werk einen weiten historischen Bogen von den „hydraulischen Gesellschaften“ des Altertums über den von Platon erdachten Totalitarismus, die „chiliastischen Sozialisten“ des Mittelalters, die „Ketzersekten“ der Reformationszeit, die Englische und die Französische Revolution – bis in die Zeit des Realsozialismus der 1970er-Jahre. Auch die Ideen von Sartre und Marcuse entgehen ihrer Würdigung nicht.

Bei aller Unterschiedlichkeit der von sozialistischen Theoretikern über viele Jahrhunderte hinweg ersonnenen Utopien (wie Thomas Morus‘ „Utopia“ oder Campanellas „Sonnenstaat“), oder in der Realität etablierter Systeme, lassen sich drei Konstanten erkennen: Kampf gegen die traditionelle Familie, Kampf gegen das Privateigentum und Religionsfeindschaft (ab dem historischen Moment, in dem Gott abgeschafft ist).

Das Ziel besteht in jedem Fall in der totalen, nur mit Mitteln äußerster Gewalt herstellbaren Gleichheit aller Menschen, in deren ausschließlicher Hinwendung an die gemeinsame Idee und die absolut bedingungslose Unterwerfung unter das Kollektiv. Das menschliche Individuum besitzt nur insofern einen Wert, als es zum nützlichen Rädchen im Getriebe wird. Als Vorbild dient sozialistischen Theoretikern vielfach der Bienenstock oder der Ameisenhaufen, der als lebende Entität begriffen wird, der seinen Bewohnern erst die Existenz ermöglicht.

Dass noch jedes realisierte Experiment furios gescheitert ist, tut der Idee als solcher offensichtlich keinen Abbruch. Wieder und wieder wird – ständig unter neuem Namen (derzeit steht die „Gemeinwohlökonomie“ hoch im Kurs) – alter Wein in neuen Schläuchen serviert und als etwas völlig Neues verkauft. Wer indes immer wieder dasselbe tut, sich aber andere Resultate erwartet ist – schlag´ nach bei Einstein – wahnsinnig.

Die Konsequenzen des gegenwärtig praktizierten Systems des Wohlfahrtsstaatssozialismus sind offensichtlich und bestätigen eindrucksvoll Schafarewitschs These von einem dem Sozialismus inhärenten Todestrieb. Der kulturelle Verfall, der moralische Niedergang – vor allem aber die Kinderlosigkeit (die schon in wenigen Generationen zu einer Austrocknung des vorhandene Genpools der infizierten Gesellschaften führen wird) – sind schwer zu missdeuten: Sozialismus = Tod.

 

Der Todestrieb in der Geschichte / Erscheinungsformen des Sozialismus
Igor Schafarewitsch
Lichtschlag-Verlag 2016
ISBN: 978-3-959562-63-4
469 Seiten, broschiert
9,99 € (Kindle)

Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher